Kundenbindung und Loyalitätsprogramme: Vom Wert goldener Käfige.
Es muss so 1992 oder 1993 gewesen sein, als mich das Thema Kundenbindung zum ersten Mal ansprang. Ich arbeitete damals bei der Hamburger Werbeagentur MWI Markenwerbung International (später: FCB Hamburg) und betreute als Kunden unter anderem das Hamburger Drogeriemarktunternehmen BUDNI. Im Rahmen der Vorbereitung unserer jährlichen Strategiepräsentation sprach ich unter anderem mit dem damaligen Werbeleiter, der mir sagte: „Wissen Sie, Herr Ploss, Kunden sind normalerweise nie ganz treu. Aber können Sie sich ausrechnen, was eine halbe Million Hamburger Wert sind, die nur ein einziges Mal weniger zur Konkurrenz gehen?“
Ich überschlug die Summe im Kopf – und bekam weiche Knie. Das Potenzial war gigantisch! Doch wie sollten wir das anstellen?
Die Erfindung der Kassenglocke
Da eine der ständig wiederholten Floskeln meines damaligen Chefs lautete, „Der Kunde steht im Mittelpunkt – und genau da stört er!“, kamen wir relativ zügig auf die Idee, das kommende Jahr zum „Jahr des Kunden“ zu erklären. Und dies natürlich mit einer ganzen Reihe von Aktionen und Maßnahmen zu verbinden.
Ich sprach damals auch viel mit Freunden über dieses Vorhaben, und versuchte herauszufinden, was sie denn am Einkaufen am meisten stören würde. Und die Antwort war beinah jedes Mal dieselbe: „Das Warten an der Kasse. Vor allem, wenn daneben eine Kasse nicht besetzt ist!“ Daran konnte ich zwar nichts ändern – wohl aber an dem Gefühl, dieser Situation ohnmächtig ausgeliefert zu sein! Und so entwickelte ich die Idee einer Kassenglocke: Sobald eine Kassenschlange bis etwa 2,5m vor der Kasse reichte, konnten die schlangestehenden Kunden eine dort hängende Glocke läuten, sofern mindestens eine weitere Kasse nicht besetzt war.
Der Erfolg? Umwerfend. Nicht nur, dass die Kunden dies mehr als begrüßten, es kam sogar soweit, dass Mitarbeiter viel aufmerksamer waren, damit ja niemand die Glocke läutete! Und ein paar Jahre später adaptierte sogar der Branchen-Primus dm Drogeriemärkte diese Innovation.
Die BUDNI-KARTE
Einer meiner ersten Kunden, als ich mich mit meiner eigenen Agentur „ENDLICH (agentur für) LÖSUNGEN“ selbstständig gemacht hatte, war wiederum Budnikowsky. Und zu den spannendsten Aufgaben neben der klassischen Handelswerbung gehörte definitiv die konzeptionelle Unterstützung bei der Entwicklung der BUDNI Karte; bis heute eine der erfolgreichsten Kundenkarten Deutschlands.
Neben einer Rabatt-Sammel-Funktion war und ist das Besondere an der BUDNI Karte ihre enthaltenen Mehrwertdienste, wie z.B. Rabatte bei Hamburger Institutionen a la Hagenbecks Tierpark.
TCHIBO PRIVAT-CARD
Ein anderes, sehr interessantes Projekt war der Relaunch der Tchibo Privat-CARD, der Kundenkarte des Hamburger Kaffeerösters und Einzelhandelspioniers Tchibo. Vor dem Relaunch handeltes es sich im Wesentlichen um ein (nicht allzu erfolgreiches) kostenpflichtiges Rabattheft.
Unsere Konzeption setzte dagegen speziell auf Anreize zur Frequenzsteigerung, indem wir das Sammeln virtueller „Treue-Bohnen“ für Einkäufe in den Tchibo-Filialen ermöglichten. Genau wie die BUDNI Karte ein Kundenkartensystem, das immer noch (erfolgreich!) im Einsatz ist.
Studie "Kundenkarten International"
Knapp 300 Seiten stark war das Ergebnis, als nach rund einem halben Jahr Arbeit die Studie „Kundenkarten International – Best Practices“ endlich fertig war. Die Motivation zur Erstellung dieser Studie lag in einem für die deutsche Wirtschaft wahrlich erhellenden Moment: Der Abschaffung des Rabattgesetzes im Juli 2001.
Kundenkarten schossen wie Pilze aus dem Boden, doch die meisten waren wenig durchdacht, einfallslos, kompliziert oder komplett sinnlos. Da viele andere Länder bereits länger andere Rechtsvoraussetzungen hatten, wollten wir herausfinden, welche Systeme dort im Einsatz waren – und was sich daraus lernen ließe.
Die Studie wurde einer der größten Erfolge meines damaligen Unternehmens „Loyalty Management & Communications“ und verkaufte sich mehrere Dutzend Male.