E-Commerce: Von Dotcom zu Ach, komm!
Ein Jahr nachdem Amazon auch in Deutschland an den Start gegangen war, dachte ich mir: „Hey, das kannst du auch!“ und eröffnete meinen ersten Online-Shop… okay, nein, so war es natürlich nicht. Zwar stimmt es, dass ich 1999 meinen ersten eigenen Shop online stellte (damals gratis gehostet bei freeservers.com), dieser sollte aber nie mehr sein als ein kleiner Spaß. Ich hatte mir damals gerade HTML beigebracht und wollte das Gelernte nun unbedingt in die Tat umsetzen, weshalb ich nicht nur die Website „Rent-A-Ploss“ baute, sondern auch gleich einen kleinen Fan-Shop mit sage und schreibe 3 Produkten programmierte.
Lustigerweise gibt es die Seite immer noch: Rent-A-Ploss (Und bevor es jetzt große Enttäuschung gibt: Nein, der Shop funktioniert nicht mehr).
OTTO in Zeiten der Transformation
Bei einem Katalogversender anfangen – und bei einem Online-Händler aufhören. Ja, das geht, wenn man wie ich das Glück hatte, in einem der spannendsten Unternehmen Deutschlands zu einer der spannendsten Zeiten in seiner Geschichte zu arbeiten. Von 2008 bis 2012 war ich Mitarbeiter von OTTO, wo ich zunächst das E-Mail-Marketing leitete, dann als Abteilungsleiter das Online-Marketing und schlussendlich als Bereichsleiter das Gesamtmarketing (mit Ausnahme des Katalogs). Spannend war die Zeit vor allem deshalb, weil sie die große Transformation im Geschäftsmodell von OTTO bedeutete. 2010 war es zum ersten Mal in der Geschichte so, dass der Onlineshop mehr Umsatz generierte als der Katalog. Von da an war es dann kein allzu weiter Weg mehr hin zu einem neuen, modernen Shop-System und schließlich dem kompletten Verzicht auf „den Dicken“, wie der zweimal jährlich erscheinende Hauptkatalog liebevoll genannt wurde.
E-Commerce bei Beiersdorf
Bevor ich meine Liebe zum Startup- und Technologie-Scouting sowie zum Innovationsmanagement entdeckte, war ich die ersten Jahre bei Beiersdorf im E-Commerce tätig.
Meine Aufgabe bestand zunächst darin, unseren internationalen, eher traditionellen Handelskunden wie Tesco, dm, Kruidvat oder Auchan beim Aufbau ihre Onlinegeschäftes zu helfen. Ich glaube, es gab selten eine Zeit in meinem Leben, in der ich in so kurzer Zeit so viel gelernt habe. Denn um meine Aufgabe optimal zu erfüllen, sprach ich mit unzähligen Kunden und Kollegen in diversen Ländern, sammelte dort die Best Practices und Worst Failures ein, bereitete diese auf und vermittelte die daraus extrahierten Richtlinien und Vorgehensweise weiter.
So enstand unter anderen die „Multichannel Guideline“, ein umfassendes Handbuch für E-Commerce-Verantwortliche weltweit, worauf es beim FMCG-Online-Business ankommt. Die Inhalte reichten dabei von der optimalen Sortimentsgestaltung über die Gestaltung der Produkt-Detail-Seiten bis hin zu Promotionplänen und Richtlinien für Konditionensysteme.
Ein anderes, durchaus bemerkenswertes, Produkt meiner Schaffenszeit im E-Commerce war die Entwicklung der „E-Com-Scorecard“. Bereits seit Mitte der 90er-Jahre faszinierte mich das von Norton/Kaplan entwickelte Steuerungssystem der Balanced Scorecard. Für mich lag die Magie jedoch nie darin, ein gesamtes Unternehmen zu steuern, sondern die Grundprinzipien der BSC auf alles Mögliche anzuwenden.
So entwickelte ich im Laufe meiner Karriere u.a. die Loyalty Scorecard (zur Steuerung von Kundenbindungssystemen), die Personality Scorecard (zur Steuerung meines eigenen Lebens) und eben die E-Commerce-Scorecard. Auch hier lautet das Grundprinzip, ein komplexes System in wenige Dimensionen zu unterteilen, diese mit strategischen Zielen zu versehen und diese Ziele über miteinander vernetzte Kennzahlen mess- und steuerbar zu machen.
Bemerkenswert war die E-Com-Scorecard auch aus zwei anderen Gesichtspunkten: Erstens programmierte ich sie komplett in Excel; unter der Haube verbergen sich über 600 Zeilen VBA-Code. Und zweitens… floppte sie. Zwar wurde überall das Tool gelobt und seine Sinnhaftigkeit verstanden, doch fehlte es schlicht an den Ressourcen, damit auch zu arbeiten.